Infoecke - Wissenswertes aus der Zahnmedizin
Braune Flecken auf den Zähnen – aber kein Karies?
Immer wieder haben wir junge Patienten und deren Eltern bei uns in der Praxis, die bei der täglichen Zahnpflege zuhause gelbliche bis bräunliche Flecken auf den Zähnen entdecken und einen kariösen Zahn befürchten. Nach der Kontrolle des Zahnes können wir jedoch oft Karies als Ursache ausschließen. Was ist also die Ursache für die Veränderung der Zahnhartsubstanz?
Das Phänomen „Kreidezähne“ nennt man Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation, kurz MIH. Erst 1987 wurde die Krankheit erstmals wissenschaftlich erwähnt. Es handelt sich dabei um eine Strukturanomalie des Zahnschmelzes, welche bei mindestens einem 1. bleibenden Backenzahn (6er) vorkommt. In Ausnahmefällen können alle 6er sowie die bleibenden
Frontzähne betroffen sein. Auch im Milchgebiss können schon Zähne strukturverändert sein. Die Patienten leiden meistens unter sehr kälte- und wärmeempfindlichen Zähnen; sogar Zähneputzen kann mitunter nur eingeschränkt möglich sein. Angaben über die Häufigkeit von MIH schwanken stark. Etwa 10-15 Prozent der Kinder im Grundschulalter sind mittlerweile betroffen. Bei den 12jährigen liegt die Prävalenz laut der Fünften Mundgesundheitsstudie sogar bei besorgniserregenden 30 Prozent. Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) Prof. Dr. Michael Walter spricht sogar von einer neuen Volkskrankheit. In einer Analyse einer deutschen, gesetzlichen Krankenversicherung ergab sich, dass im Jahr 2019 230.000 Patienten, die wegen MIH in Behandlung waren, erst 6-9 Jahre alt waren. In Deutschland lässt sich eine regional unterschiedliche Verteilung ausmachen- ein Aspekt, der medizinisch nicht zu erklären ist. Des Weiteren gibt es keinen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und MIH.
MIH kann erst mit dem Durchbruch der bleibenden Molaren bzw. der Frontzähne festgestellt werden kann, also mit circa mit 6 Jahren. Daher ist es schweirig eine eindeutige Ursache auszumachen, weil die Fehlbildung des Schmelzes schon weit in der Vergangenheit liegt. Studien zeigen folgende mögliche Ursachen auf: gesundheitliche Probleme der Mutter
während der Schwangerschaft, Frühgeburt, frühkindliche Infektionskrankheiten und Antibiotikagaben, Zöliakie, Atemwegserkrankungen wie Asthma bronchiale, Einflüsse durch Dioxine usw. Immer wieder wird auch der Einfluss von Mikroplastik in Spielzeugen und in Kosmetika diskutiert.
Wie gehen wir mit MIH um? Dadurch dass eine wirksame Prävention nicht möglich ist, müssen wir uns auf eine symptomatische Therapie konzentrieren. Zielführend sind dabei: eine Reduktion der Schmerzempfindlichkeit, engmaschige Kariesprophylaxe (regelmäßige Kontrolle, Reinigung, Fluoridierung), konservierende Maßnahmen (Fissurenversiegelung, Füllung, Überkronung- je nach Ausprägungsgrad der MIH). Wir stehen Ihnen gerne beratend zur Seite und entscheiden mit Ihnen gemeinsam, welche Therapie für Sie oder Ihr Kind am besten geeignet ist.
Quellen:
- Die Zahnarztwoche, Ausgabe 22/2018, 30.05.2018, „MIH hat Karies in bestimmten Altersgruppen schon überholt“
- Die Zahnarztwoche, Ausgabe 24/2018, 13.06.2018, „Kariesprävention bei MIH-Zähnen“
- https://www.zm-online.de/news/zahnmedizin/wir-muessen-die-mih-forschung-endlich-vorantreiben, 24.05.2018, (letzter Zugriff am 16.07.2018)
- 5.Mundgesundheitsstudie, https://www.kzbv.de/dms-v.8.de.html, (letzter Zugriff am 16.07.2018)
- https://www.zm-online.de/archiv/2018/18/zahnmedizin/behandlung-von-mih-patienten/ (letzter Zugriff am 27.01.2021)
- https://www.zwp-online.info/zwpnews/dental-news/branchenmeldungen/230000-der-sechs-bis-neunjahrigen-haben-kreidezahne (letzter Zugriff am 28.01.2021)